Gesundes Leben mit Hydrokultur

Pflegeleicht wie nie zuvor: Hydrokultur macht mit ihrem luftdurchlässigen Pflanzsubstrat Blähton und dem Wasserstandsanzeiger die Pflanzen frohwüchsig und besonders bioaktiv für unsere Räume.

Was Pflanzen in Gefäßen wirklich brauchen

Gesundes Leben, gesunde Pflanzen mit Hydrokultur

Es hat sich herumgesprochen: Pflanzen tun unermesslich viel für uns. Wer mit Pflanzen im Raum leben und arbeiten möchte, kommt heute an Hydrokultur kaum vorbei. Ihr System passt in unsere zivilisierte Welt und richtet sich doch nach den ewigen Grundregeln pflanzlichen Lebens.

Hydrokultur ist Pflanzenhaltung ohne Erde, mit System

Auch wenn wir es gewohnt sind, Pflanzen in Erde zu sehen: Das ist nicht, was sie brauchen. Auf Vulkaninseln, im Gebirge, ja letztlich auf jedem Parkplatz finden wir den Beweis, dass Pflanzen ungehemmt aus Felsspalten, Steinritzen, Lavabrocken oder Kieselgeröll sprießen.

Auch wenn wir es gewohnt sind, Pflanzen in Erde zu sehen: Das ist nicht, was sie brauchen, wie wir an vielen Orten feststellen können.

Fünf Dinge braucht die Pflanze

Tatsächlich braucht die Pflanze fünf Dinge zum Leben: Licht, Luft, Wärme, Wasser und Nährstoffe. Das sind die sogenannten Wachstumsfaktoren. Wieviel Licht und Wärme sie vorfindet, hängt vor allem von dem Standort ab, den wir ihr geben: Stellen wir sie in helle oder dunkle Räume, an kalte, zugige, gleichmäßig temperierte oder sonnendurchstrahlte Flecken?

Mit der Luft ist es anders: Die Pflanze atmet nämlich nicht nur über ihre Blätter, sondern zugleich über ihre Wurzeln. Über diese versorgen wir sie auch mit Wasser und Nahrung. Das kann sich aber leicht ins Gehege kommen, denn: Wo Wasser ist, kann keine Luft sein!

Wie kommt Luft an die Wurzeln?

Wie also gelangt Luft an die Pflanzenwurzeln? Draußen pflügt der Landwirt seine Felder, um die Scholle luftdurchlässig zu halten. In der Natur sind es tausenderlei kleine Lebewesen, von Mikroorganismen bis hin zu Regenwürmern und Feldmäusen, die Gänge durchs Erdreich graben und beständig Luftschächte bauen. Wenn wir aber die Pflanze mit einer Handvoll Erde in einen Topf packen, hebeln wir das natürliche System aus. Mit jedem Gießen verdichtet sich die Erde im Topf weiter, die Wurzelatmung wird der Pflanze zunehmend erschwert – und ob wir ihr zuwenig oder zuviel Wasser geben, wissen wir schon gar nicht.

Wasser und Licht sind zwei der fünf Dinge, die die Pflanze zum Leben braucht.

Der häufigste Fehler: Zuviel gießen

Das bekannte Phänomen: Wenn wir sehen, dass es der Pflanze schlecht geht, wollen wir sie verwöhnen – und was wir zur Hand haben, ist Wasser. Also erst einmal gießen. Hilft noch nicht? Nochmal gießen… Nachgewiesenermaßen ist zuviel gießen der mit Abstand häufigste Fehler in der Pflanzenhaltung. Die Pflanze erstickt förmlich. Denn, siehe im nächsten Bild: Wo Wasser ist, kann keine Luft sein!

Zu kleine Töpfe, zu wenig Platz für Wasser, Nährstoffe und Luft im Wurzelbereich und zuviel Gießen – all das macht Zimmerpflanzen das Leben schwer. Foto: PURE

Welches ist das richtige Substrat für Pflanzen in Gefäßen?

In den 1950er Jahren machte sich Günter Gregg in Dortmund daran, ein Substrat zu suchen, das für Pflanzen in Gefäßen – kurz: Topfpflanzen – besser geeignet ist und sicherstellt, dass sie in unseren Räumen gesund wachsen und gedeihen können. Der leidenschaftliche junge Gärtner hatte sich nach Kriegsende selbständig gemacht, unternahm zahlreiche Reisen und stand mit vielen Kollegen im Erfahrungsaustausch.

Günter Gregg in seinen ersten Gewächshäusern, 1949, Ausgangspunkt für seine intensive und schließlich überaus erfolgreiche Suche nach einer optimalen Art der Pflanzenhaltung in Gefäßen. Foto: privat

Mikrowelt: In den „Vasen“ der 1950er Jahre zeigten sich die Pflanzen dank perfekter Versorgung froh und munter, bis ihnen die Welt zu klein wurde. Foto: DGHK

Junge Setzlinge gediehen prima in solchen Würfeln aus mineralischer Steinwolle – auf der Fensterbank daheim aber erwies sich das Substrat als zu wasserhaltig. So ging die Suche weiter. Foto: Iamareri

„Geht es der Pflanze gut, geht es dem Menschen gut.“

Unermüdliche Hoffnung und zunächst haufenweise Enttäuschungen begleiteten seine Versuche. Schließlich muss ein solches Substrat zahlreiche Anforderungen erfüllen; manches, was im Gewächshaus möglich erschien, funktionierte jedoch nicht beim Pflanzenfreund daheim auf der Fensterbank. Doch Günter Gregg war überzeugt: „Geht es der Pflanze gut, geht es auch dem Menschen gut.“

Erst in den 1960er Jahren stieß man auf Steinwolle [Produktname: Grodan], von der Günter Gregg später sagte: „Hiermit haben wir gelernt, im mineralischen Substrat zu kultivieren.“

Der Durchbruch

Was niemand absehen konnte: Der Durchbruch stand kurz bevor. 1971 trifft Günter Gregg auf Gerhard Baumann in der Schweiz. Dieser weist auf Blähton hin, bis dahin nur als Baustoff bekannt. Günter Gregg hat zu diesem Zeitpunkt bereits viele mineralische wie auch Kunststoff-Körnungen als mögliche Substrate getestet und daraus umfangreiche Kulturkenntnisse in der Vermehrung und Anzucht erdeloser Pflanzen gewonnen.

Der Blähton brachte den Durchbruch: Die Tonkügelchen geben den Wurzeln Halt und Festigkeit, verteilen Wasser und Nährstoffe und lassen zugleich Luft an die Wurzeln. Foto: Efraimstochter

Die Pflanze erlebt das Schlaraffenland

Günter Gregg stellt neue Versuchsreihen mit Blähton an, probiert verschieden große Körnungen aus und – kann nun deutlich Erfolge in der Pflanzenkultur absehen. Die Tonkügelchen sind und bleiben fest in ihrer Form = strukturstabil, sodass überall im Topf dauerhaft kleine Luftschächte bleiben; jedenfalls überall dort, wo kein Wasser ist. Da die Blähtonkugeln in ihrer Außenhaut Wasser leiten können und so überall im Wurzelbereich für eine gewisse Feuchtigkeit sorgen, erlebt die Pflanze förmlich das Schlaraffenland: Sie hat beständig Zugriff auf Wasser bzw. Nährlösung und gleichzeitig Luft zum Atmen!

Günter Gregg definiert nun exakt, wie hoch der Wasserstand im Wurzelbereich sein sollte, damit der obere Bereich luftig und zugleich mit Feuchtigkeit versorgt ist. Er schreibt exakt nieder, wie der Blähton speziell für Pflanzen beschaffen sein muss, und bespricht diese Anforderungen mit den Blähton-Herstellern.

Der Kulturtopf gibt der Pflanze Halt und Standfestigkeit und macht sie mobil, etwa beim „Umzug“ in andere Räume oder Gefäße. Er hat Luftschlitze und eine Aussparung für den Wasserstandsanzeiger. Foto: PURE

Neu: Der Kulturtopf

Schon zwei Jahre später ist Günter Gregg soweit, seine Vision umzusetzen. Ihm ist klar, dass die neue Kulturform auch neues Zubehör braucht. Die bisherigen Tontöpfe für Erdpflanzen etwa lassen keine Luft an die Wurzelballen. Also entwickelt er 1973 Gittertöpfe, die dem Wurzelballen einerseits Stand und Festigkeit geben, zugleich aber auch Luft einlassen können.
Er entscheidet sich für eine einheitliche Topfhöhe, die er – für Jungpflanzen unterschiedlicher Größe – in verschiedenen Durchmessern entwickeln lässt. So gelingt es ihm, Jungpflanzen von klein auf gesund, erdelos, im mineralischen Substrat zu kultivieren.

Sensation: Der Wasserstandsanzeiger

Während die Gittertöpfe im Gewächshaus Verwendung finden, werden für die Pflanze auf der Fensterbank eigene Kulturtöpfe entwickelt: Auch sie erhalten einheitliche Topfhöhen – 12 cm für Tischgefäße und 19 cm für Bodengefäße. Die Kulturtöpfe haben genau austarierte Luftschlitze und eine Aussparung für den Wasserstandsanzeiger. Der wird zum Symbol für die eigentliche Sensation: Du kannst damit quasi in den Topf gucken! Denn da das Gießwasser und das Pflanzsubstrat sich nicht vermengen können, ergibt sich im Pflanzgefäß ein echter Wasserstand, den man messen kann!
Wäre der Topf aus Glas, so könnte man jederzeit sehen, wieviel Wasser bzw. Nährlösung der Pflanze zur Verfügung steht. Da der Topf (wegen der Gefahr von Algenbildung natürlich) nicht aus Glas ist, gehört zur Hydrokultur also ein Messpegel, der mit dem Wasserstand auf und nieder steigt: der Wasserstandsanzeiger.

Der Wasserstandsanzeiger ist die eigentliche Sensation: Wissen, was die Pflanze (ver-)braucht und vor allem, wann sie etwas braucht! Dank der Vorratshaltung im Gefäß müssen viele Hydro-Pflanzen nur etwa alle 14 Tage gegossen werden. Foto: PURE

Die erste Hydrokultur-Gärtnerei

In seinen Gewächshäusern konzentriert Gregg sich voll auf hydrogerechte Pflanzenhaltung. Der Erfolg gibt ihm Recht, und als die Flächen zu klein werden, entscheidet er sich 1976 zum Bau neuer Gewächshäuser, die ausschließlich für Pflanzen in Hydrokultur eingerichtet werden. Das bedeutet eine völlig veränderte Technik und neue Abläufe, wobei stets auch der Umweltgedanke im Vordergrund steht. 1977 wird Günter Gregg für seine vorausschauende und unternehmerisch mutige Leistung mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.

Mit dem Original-Hydrokultursystem haben sich völlig neue Möglichkeiten eröffnet, Räume mit Pflanzen zu beleben. Hier hebt der Farn Asplenium nidus die Stimmung bei Tisch. Das edle Pflanzgefäß mit passendem Einsatz für Kulturtöpfe ist perfekt auf die Einrichtung abgestimmt. Foto: Gärtner Gregg

Hydrokultur für alle

Dem Pflanzenfreund stehen nun erstmals Hydrokultur-Pflanzen auch im ganz normalen Gartencenter zur Verfügung, und nach einem ersten Zögern greift er freudig zu. Sein Vorteil: Die Pflanze gedeiht auch bei Menschen ohne den berühmten „grünen Daumen“ prächtig.

Durch den Wasserstand im Gefäß wird Pflanzenpflege einfach und berechenbar. Die besonderen Eigenschaften des Substrats Blähton sorgen dafür, dass Gießen oft erst alle 14 Tage ansteht – ideal für alle, die viel reisen oder es einfach ohnehin vergessen würden.

Pflegeleicht wie nie zuvor

Mit Hydrokultur wird die Pflanze so pflegeleicht wie nie zuvor. Du siehst, wieviel die Pflanze verbraucht und wann Du gießen solltest – übrigens bitte nicht vorher: Ein Zuviel an Wasser würde ja den großen Atmungsvorteil der Hydrokultur stören. Auch wann das Nachdüngen an der Reihe ist, kannst Du am Wasserstandsanzeiger markieren. Heute, im dritten Jahrtausend, gibt es bereits digitale Wasserstandsanzeiger. „Jetzt gießen bitte!“, meldet sich dann quasi die Pflanze per App auf Deinem Handy.

Mobile Raumteiler als Paravents aus lebendem Grün und Zimmerpflanzen, die föhlich die Wände hochgehen: Raumbegrünung erlebt immer neue, wohltuende Dimensionen. Foto: die Raumbegrüner

Hydrokultur: In der Welt und im Weltall

Die Geschichte der Entwicklung von Hydrokultur in Deutschland fügt sich ein in einen großen, internationalen Reigen: In vielen Ländern der Welt haben sich Wissenschaftler und Gärtner seit den 1950er Jahren mit vergleichbaren Fragen beschäftigt und spannende Entwicklungen in Gang gesetzt. In Israel etwa konnte man dank Hydrokultur einer drückenden Hungersnot zuleibe rücken.

Forschungen der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA haben in den 1980er Jahren ein ganz neues Licht auf die enormen Leistungen geworfen, die Pflanzen für uns Menschen erbringen – umso mehr, je besser es den Pflanzen geht. Das brachte die frohwüchsige Hydrokultur erneut in aller Munde, und schließlich sogar in den Weltraum.

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